Giovanni Gola                                                                                              3 engste Mitarbeiter, Morino, Gola

 Hubert Deuringer mit seiner "Gola" begleitet  Cornelia Froboes

 

2002 zeigt das Deutsche Harmonika Museum in Trossingen eine Ausstellung mit dem Titel „Morino und Gola -

die Stradivaris unter den Akkordeons“. Dem Ausstellungstext ist  von Frau  Haik Wenzel  ist diese Dokumentation entnommen.

 

Giovanni Gola

 wurde am 26. Juni 1907 in Stradella, einer kleinen Stadt in der Nähe von Pavia (Nord-Italien) geboren. Dort existierten zu der Zeit mehrere Akkordeon-Firmen, und fast jeder im Ort verdiente sein Geld in dieser Branche. Die größte Fabrik betrieb Mariano Dallape. Die Fabrica Armoniche Mariano Dallape & Figlio produziert bis heute hochwertige Akkordeons.

Golas Mutter war Einkäuferin bei Dallape, und so ging der junge Giovanni dort in die Lehre. Eine Berufsausbildung als Handzuginstrumentenmacher im heutigen Sinne mit theoretischem Unterricht, Prüfungen, usw. gab es damals nicht. Die Ausbildung fand in der Firma statt und bestand aus rein praktischen Unterweisungen. Der Firmeninhaber Mariano Dallape erkannte das musikalische Talent Golas und regte an, ihn zum Flötenunterricht zu schicken. Er musizierte in der Stadtkapelle von Stradella und studierte später Flöte und Schlagzeug in Piacenza.

Nach der Lehre wurde er Stimmer bei Dallape, arbeitete in der Endkontrolle, fertigte Neukonstruktionen an und realisierte die technischen Wünsche der Spieler. Als Meister war Giovanni Gola für alle technischen Belange des Akkordeons zuständig.

U. a. konstruierte er ein 6-chöriges Instrument mit 7-fachen Bässen und "basso pedale" zum Feststellen des Orgelpunkts. Ein solches Akkordeon "mit liturgischem Klang" wurde 1942 Papst Pius XII überreicht

 

Als Venanzio Morino ins Ruhestandsalter kam, suchte Direktor Ernst Hohner einen Nachfolger, der die Produktion von Spitzen-Akkordeons weiter vorantreiben sollte. In der Fachwelt hatten die Instrumente von Dallape wegen ihres exzellenten Klangs einen hervorragenden Ruf. Und so war es sicher kein Zufall, dass sich Ernst Hohner nach einem dortigen Fachmann erkundigte. Den ersten Kontakt zu Gola vermittelte ihm der Schweizer Akkordeonist Albert Achermann. Nach einem ersten Treffen in Lugano folgte Gola im Juni 1952 der Einladung Hohners nach Trossingen und unterzeichnete den Arbeitsvertrag.

Im September 1952 zog Gola mit Ehefrau und Sohn Enrico nach Trossingen um.

Er begann in der Morino-Werkstatt und fertigte 1953 ein erstes Akkordeonmodell. Es war wie die Dallape-Akkordeons mit liturgischem Klang für sakrale Musik bestimmt und hatte ebenfalls ein "basso pedale". 1954 entstand das erste Akkordeon mit dem bis heute typischen Gola-Verdeck, damals noch ohne Jalousie.

1956 erschien Andy Arcari  „il grande virtuoso“,mit seinem Akkordeon, Marke Excelsior, bei Gola. Er gab ein Piano-Instrument in Auftrag, das die gleichen techni- schen Parameter haben sollte wie seine Excelsior. Seitdem wird die Piano-Gola nach dem Muster des Instruments für Arcari gebaut.

1956 wurde die erste Gola-Serie produziert.  Neben den Sonderinstrumenten wurden Gola-Akkordeons auch in Serie gefertigt. Eine Serie bestand aus ca. 12 Stück, große Serien wurden auch bis zu 30 Stück gefertigt.Den hervorragenden Klang der Gola machen u. a. handverlesene und nachgearbeitete Stimmplatten aus. Hohner bezog die Stimmplatten von den jeweils besten Produzenten aus Castelfidardo (Italien), z. B. von Borsini. Damit jede Stimmzunge bei etwa dem gleichen luftdruck anspricht, wurden sie egalisiert, d. h. nachgearbeitet. Für diese Arbeit wurde 1956  Pietro Fillipazzi, der bei Dallape als Stimmer arbeitete, nach Trossingen geholt. Beim Stimmen der Gola durfte nicht mit der Feile, sondern nur mit Schmirgelpapier gearbeitet werden, damit auf den Zungen keine Kratzer entstehen; das hatte rein ästhetische Gründe. Jedes Instrument wurde von Gola persönlich durchkontrolliert, wenn nötig nachgestimmt und erhielt den „GOLA"-Stempel am Stimmstock und unter dem Verdeck.

Morinos und Golas  3 engste Mitarbeiter waren Pietro Fillipazzi, Jakob Wölfle und Albert Reinauer.

     1962 erhielt  Lloyd La Vaux, der sich "The Poet of the Accordion" nannte, eine Gola-Sonderanfertigung mit Quintenkonverter (wie ihn heute auch der Jazz- Akkordeonist Richard Galliano benutzt). Dieses Instrument benutzte er später bei Auftritten zur USA- Truppenbetreuung in Vietnam. Seinen Berichten zufolge trug er es bei einer Flucht über Kopf durchs Wasser. Danach gab er es amerikanischen Flugzeugmechanikern zur "Reparatur". Die Monteure öffneten das Instrument und stellten fest, eine solche Mechanik könne überhaupt nicht funktionieren. Erst in der Trossinger Gola-Abteilung wurde das Akkordeon später wieder flott gemacht. Es hat inzwischen den Besitzer gewechselt und funktioniert bist heute.

     Nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit ging Giovanni Gola 1972 in den Ruhestand. 1975 kehrte er mit seiner Frau zurück nach Stradella. Dort verstarb er am 18. Oktober 1978.

    Giovanni Gola galt als sensibler, introvertierter Mensch. Er war gläubiger Katholik und lehnte jegliche Art von Gewalt gegen Menschen ab. Gleichzeitig war er leidenschaftlicher Jäger.   Seine Skizzen und Modelle zeugen von hoher Fingerfertigkeit und technischer Akribie. Wer ihn kannte, weiß, dass er Perfektionist war und dazu einen hohen ästhetischen Anspruch hatte.

P.S: Das italienische Wort GOLA bedeutet deutsch: Hals, Kehle.